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Der generationenübergreifende Bildungsplan – Die Perspektive der Frühen Bildung

Ann Kristin Boström

Fragen an Eltern und pädagogische Einrichtungen:

1. Wächst die Sensibilisierung für generationenübergreifendes Lernen?

  • Sind Sie oder ihre Einrichtung sich der generationenübergreifenden Dimension bewusst?
  • Schauen Sie sich die Unterrichtsmaterialien an und reagieren Sie darauf, wenn Sie dort auf stereotype Darstellungen älterer Menschen stoßen? Wie viele Kinder wohnen im näheren Umkreis ihrer Großeltern?

2. Werden Beziehungen geknüpft und gefördert?

  • Gibt es ältere Menschen in der Nachbarschaft?
  • Haben Sie diese bereits einmal eingeladen, den Kindern Geschichten vorzulesen oder ihnen Geschichten zu erzählen?
  • Haben die Kinder einander Geschichten erzählt, welche sie von ihren Großeltern kannten?
  • Erzählen die Kinder ihren Großeltern aus ihrem Leben?

3. Sind Sie sich der Vielfalt von Altersbildern bewusst?

  • Wie sieht Ihr eigenes Bild von älteren Menschen aus?
  • Denken Sie über die Vielfalt innerhalb dieser Gruppe nach oder haben Sie selbst einige stereotype Vorstellungen?
  • Wie sind die Vorstellungen der Kinder von älteren Menschen?
  • Gibt es Unterschiede? Lassen sich dort Stereotypen feststellen?
  • Möchten Sie die generationenübergreifende Sichtweise in Ihrer praktischen Tätigkeit in der Schule mit einbeziehen, gibt es weitere Fragen, die ebenfalls zu berücksichtigen sind?
  • Wurden die Kinder auf das Zusammentreffen mit alten Menschen vorbereitet?
  • Wurden die älteren Menschen auf eine Schule vorbereitet, die sich extrem von derjenigen unterscheidet, die sie selbst in ihrer eigenen Jugend besucht haben?

Warum generationenübergreifendes Lernen und Solidarität wichtig sind – Die Perspektive der frühen Kindheit und frühen Jugend

Die sozialen Strukturen haben sich seit Beginn der Industrialisierung verändert. Heutzutage gibt es Rentenkassen und Altersversorgung für ältere Menschen, Frauen arbeiten häufiger außerhalb des Haushalts während ihre Kinder in Einrichtungen der Tagesbetreuung untergebracht sind. Viele Menschen müssen von ihren Eltern und Verwandten wegziehen, um näher an ihrem Arbeitsplatz wohnen zu können. Durch diese Veränderungen in der Gesellschaft entstanden Lücken zwischen jungen und älteren Menschen. Zudem bestehen Vorurteile und Diskriminierungen in der Gesellschaft erwiesenermaßen fort. Dialog und Austausch zwischen den Generationen könnten der Schlüssel dazu sein, Bürgerbeteiligung und ein gemeinsames Verständnis zwischen den Generationen zu fördern.

Ein Kind benötigt Personen, die sich um seine gesamte Persönlichkeit kümmern, denn die psychologische und soziale Entwicklung eines Kindes hängt von der persönlichen Fürsorge und Aufmerksamkeit ab, die ihm entgegengebracht wird. Eltern und Lehrer sind natürlich von besonderer Bedeutung für ein Kind, doch wenn, wie es zurzeit der Fall ist, die gesellschaftliche Trennung der Generationen weiter zunimmt, ist es unerlässlich, dass in Schule und Vorschule auch ältere Menschen am Leben der Kinder teilnehmen. Dadurch kann sich das soziale Kapital sowohl für die Kinder als auch für die älteren Menschen erhöhen.

Wie Spannungen zwischen den Generationen überwunden werden können

Im Hinblick auf lebenslanges und generationenübergreifendes Lernen ist es unerlässlich, Kindern erwachsene Rollenvorbilder zu geben, damit sie lernen können, wie sich Erwachsene verhalten. In zahlreichen Ländern ist es zudem üblich, dass auch ältere Menschen in die Vorschul- und Grundschuleinrichtungen kommen, um Kontakte zu den Jüngeren zu knüpfen. Sie können ihnen Geschichten vorlesen, miteinander verschiedene Spiele spielen, die Kindern unterstützen und sich mit ihnen unterhalten, um sie näher an die Welt der Erwachsenen heranzuführen. Diesbezüglich sind vier wichtige Punkte zu beachten:

1. Einrichtungen / Schulen auf generationenübergreifende Treffen ausrichten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie generationenübergreifende Treffen in Schulen gestaltet werden können. Um generationenübergreifende Kontakte erfolgreich zu gestalten, sollten die Verhältnisse innerhalb der Schule sowie das Verhältnis der Schule zu ihrer Gemeinde betrachtet werden; sie sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass das Aufeinandertreffen verschiedener Generationen positiv verlaufen kann.

  • Einrichtung kleiner, achtungsvoller Lerngemeinschaften
  • jedem Schüler / jeder Schülerin Erfolgserlebnisse ermöglichen
  • Familien wieder stärker in die Bildung der Jugendlichen einbeziehen
  • Schulen in die Gemeinde einbinden

2. Senioren und Kinder auf die gemeinsame Arbeit vorbereiten

Wenn ältere Menschen nicht in der Rolle des Lehrenden in die Klasse kommen, sondern aus anderen Gründen, bedeutet dies für Kinder eine andere Unterstützungsform und ein verändertes Verhältnis zu diesen Erwachsenen. Gleichzeitig gibt es bestimmte Tatsachen, die berücksichtigt werden müssen, bevor Senioren in die Arbeit miteinbezogen werden können. Zunächst ist es wichtig, Personen anzuwerben, die in den schulischen Rahmen passen. Weiter sollte Unterstützung geplant werden, damit sie sich die älteren Menschen ins Kollegium aufgenommen fühlen. Für die Senioren ist es von großer Bedeutung, dass sie spezielle, genau benannte Aufgaben bekommen sowie, dass Zeit zur Verfügung steht, um Ansätze zu verstehen und zu bewerten. Sollen generationelle Beziehungen unter bestmöglichen Gegebenheiten gestaltet werden, muss man außerdem auch die Kinder darauf vorbereiten.

3. Auswahl eines Modells, das in der Praxis funktioniert

Es gibt Programme, bei denen auf freiwilliger Basis helfende Senioren die Schüler unterstützen und bei denen andersherum auch die Schüler den Senioren helfen. Wichtig ist die hierbei die Gegenseitigkeit,die entsteht, wenn Schüler und Senioren aufeinandertreffen, sei es in eins-zu-eins-Situationen, in Kleingruppen oder im Rahmen einer ganzen Klasse.

4. Vorteile für die Kinder und Jugendlichen

Es ist belegt, dass sich das durch die Teilnahme von Senioren an der Lebenssituation von Kindern erhöhte soziale Kapital in der Klasse positiv auf die Kinder auswirkt und von ihnen genossen wird; es wurden auch durch verschiedene generationenübergreifende Projektansätze die schulischen Fertigkeiten der teilnehmenden Kinder maßgeblich gefördert. Diese sind: zu lernen, wie man eigene Erfahrungen und soziale Beobachtungen in mündlicher und schriftlicher Form ausdrückt; zu lernen, als Teil einer Gruppe zu arbeiten; Geschichte als einen lebendigen, fortwährenden Prozess zu begreifen sowie zu lernen, wie man strukturierte Interviews entwickelt, durchführt und deren Ergebnisse sichert. Es gibt zudem weitere wertvolle Kenntnisse und Fertigkeiten, die junge Teilnehmer aus der Erfahrung mit der anderen Generation ziehen können. Dazu zählen vielfältigste Aspekte aus Bereichen wie Bastelarbeiten, darstellende Künste, Gartenbau, traditionelle Gesellschaftsspiele und kulturelle Geschichte.

Aus der generationenübergreifenden Perspektive ergibt sich ein großes Potential für gesteigertes Wohlbefinden und erhöhtes Selbstwertgefühl, für die jüngere wie auch für die ältere Generation. Soll diese so geplant und umgesetzt werden, dass soziales Kapital daraus erwachsen kann, muss sie sich auch dem tatsächlichen Arbeitskontext in der jeweiligen Schule und des jeweiligen Landes anpassen. Man kann viele Hinweise geben, doch sollten diese immer mit Bezug zu dem kulturellen Kontext erfolgen, in welchem die generationenübergreifenden Treffen stattfinden.